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Mittwoch, den 11. November 2015 um 08:18 Uhr

Zellen ohne genügend Sauerstoff und Nährstoffe verdichten ihre DNA

Wissenschaftler am Institut für Molekulare Biologie (IMB) haben erstmals die dramatischen Veränderungen der DNA in Zellen beobachtet, die nicht genug Sauerstoff und Nährstoffe erhalten. Dieser "ausgehungerte" Zustand ist typisch für einige der häufigsten Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs. Die Forschungsergebnisse der aktuellen Studie liefern neue Einblicke darüber, welche Schäden diese Krankheiten verursachen und könnten zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden beitragen.

Wenn ein Mensch einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleidet, wird die Blutzufuhr zu einem Teil seines Herzens oder Gehirns unterbrochen. Das führt dazu, dass die Zellen dort mit Sauerstoff und Nährstoffen unterversorgt sind. Dieser Zustand der Mangeldurchblutung, der auch als Ischämie bezeichnet wird, kann zu langfristigen, irreparablen Schäden führen. Ina Kirmes, Doktorandin in der Gruppe von Dr. George Reid am IMB, hat untersucht, was genau mit der DNA in diesen Zellen passiert, die von der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung abgeschnitten sind.

In einer gesunden Zelle sind große Teile der DNA offen zugänglich. Das bedeutet, dass Gene einfach abgelesen werden können, sodass die Zelle normal funktionieren kann. Forscher am IMB konnten jetzt zeigen, dass sich während einer Ischämie die Anordnung der DNA dramatisch verändert: Die DNA verdichtet sich. Die Gene in solchen kompakten Regionen können von der Zelle nicht mehr ausgelesen werden, ihre Aktivität ist damit stark reduziert. Falls die Blutversorgung nicht wieder hergestellt wird, fährt die Zelle schließlich ihren Betrieb herunter oder stirbt sogar. Wenn beispielsweise die Zellen im Herzen eines Menschen nicht mehr richtig funktionieren, hört dieser Teil des Herzmuskels auf, sich zusammenzuziehen, und das Herz versagt. Ganz ähnlich verhält es sich im Gehirn: Ist die Blutzufuhr zu Zellen unterbrochen und damit auch die Zufuhr von Nährstoffen, so sterben die Nervenzellen ab.

"Bei einem Schlaganfall und/oder bei einem Herzinfarkt passiert wahrscheinlich genau dies mit der DNA", erklärt Dr. Reid. "Da wir jetzt wissen, was [in der Zelle] geschieht, können wir nach Wegen suchen, dieser Verdichtung der DNA vorzubeugen."

Der Schlüssel zu dieser Entdeckung war eine enge Zusammenarbeit mit Aleksander Szczurek, gemeinsam mit Ina Kirmes Erstautor der Studie, der in der Gruppe von Prof. Dr. Christoph Cremer am IMB tätig ist. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher nutzten eine neue Methode, mit der die DNA in der Zelle in bisher unerreichter Genauigkeit dargestellt werden kann, eine Weiterentwicklung der "superauflösenden Lichtmikroskopie". Hierbei werden blinkende Farbstoffe eingesetzt, die an die DNA binden und es somit den Forschern ermöglichen, die Lage von einzelnen Molekülen in Zellen nachzuverfolgen. Diese neue Technologie wurde in einem gesonderten Aufsatz beschrieben, der Anfang September 2015 im Journal Experimental Cell Research veröffentlicht wurde.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-mainz.de/presse/73469.php

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz (11/2015)


Publikation:
Kirmes I, Szczurek A, Prakash K, Charapitsa I, Heiser C, Musheev M, Schock F, Fornalczyk K, Ma D, Birk U, Christoph Cremer C, Reid G (2015). A transient ischemic environment induces reversible compaction of chromatin. Genome Biology, 16, 246

Żurek-Biesiada D, Szczurek AT, Prakash K, Mohana GK, Lee HK, Roignant JY, Birk U, Dobrucki JW and Cremer C (2015). Localization microscopy of DNA in situ using Vybrant® DyeCycle™ Violet fluorescent probe: A new approach to study nuclear nanostructure at single molecule resolution. Experimental Cell Research, doi: 10.1016/j.yexcr.2015.08.020

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