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Freitag, den 27. Juni 2014 um 06:40 Uhr

Nano-Klettband als Transportmittel für Moleküle

Biomembranen sind wie eine bewachte Grenze. Sie trennen die Zelle von ihrer Umwelt ab und ermöglichen gleichzeitig die kontrollierte Ein- und Ausfuhr von Stoffen. Die Membran des Zellkerns können Moleküle durch zahlreiche winzige Kernporen passieren. Wissenschaftler am Biozentrum der Universität Basel und am Swiss Nanoscience Institute haben nun gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam entdeckt, dass Proteine der Kernporen ähnlich wie ein Klettband funktionieren. In «Nature Nanotechnology» berichten sie, wie sich damit Partikel selektiv und kontrolliert transportieren lassen.

In unseren Zellen herrscht reger Verkehr. Eine Vielzahl von Proteinen muss beispielsweise von ihren Produktionsstätten im Zellplasma in den Kern gelangen, wo sie zum Ablesen der Erbinformation gebraucht werden. Poren in der Kernhülle erlauben den Transport in und aus dem Zellkern. Argovia-Professor Roderick Lim vom Biozentrum und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel, erforscht die biophysikalischen Grundlagen dieses Transportvorgangs. Um ihn besser zu verstehen, hat er mit Forschern aus Lausanne und Cambridge den Kernporenkomplex künstlich nachgebildet und nun entdeckt, dass sich dessen Proteine wie ein «Klettband im Nanomassstab» verhalten und sich damit kleinste Teilchen transportieren lassen.

«Verschmutztes Klettband» in der Kernpore

Kernporen sind Proteinkomplexe in der Kernmembran, die für den Stoffaustausch zwischen Zellplasma und Kern sorgen. Treibende Kraft ist dabei die Diffusion. Die Kernporen selbst sind mit «Klettband»-ähnlichen Proteinen ausgekleidet. Nur speziell mit einem Importprotein markierte Moleküle können an diese Proteine binden und so die Pore durchqueren. Für alle nicht-bindenden Moleküle hingegen stellen sie eine Barriere dar. Die Forscher postulierten, dass der Transport durch die Kernpore von der Stärke der Bindung an die «Klettband»-ähnlichen Proteine abhängt. Diese darf nur gerade so stark sein, dass die zu befördernden Moleküle an die Kernpore binden können, gleichzeitig aber noch durch die Pore hindurch diffundieren können.

In einem künstlichen, der Kernpore nachempfundenen System testeten die Wissenschaftler ihre Hypothese. Dafür haben sie Partikel mit Importproteinen beschichtet und ihr Verhalten auf dem molekularen «Klettband» untersucht. Interessanterweise, so fanden die Forscher heraus, verhält es sich wie ein echter Klettverschluss. Auf einem «sauberen Klettband» kleben die Partikel sofort fest. Ist das «Klettband» jedoch mit Importproteinen «verschmutzt», ist es weniger klebrig und die Partikel gleiten durch Diffusionskräfte auf dessen Oberfläche entlang. «Das Verständnis des Transportmechanismus im Kernporenkomplex war ausschlaggebend für unsere Entdeckung», erzählt Lim. «Mit diesem Nano-Klettband sind wir in der Lage, den Weg für ausgewählte Partikel festzulegen und ihren Transport zu beschleunigen. Und dies ganz ohne Zufuhr externer Energie.»

Mögliche Anwendung für Lab-on-Chip-Technologie

Lims Forschung über biomolekulare Transportprozesse lieferte die Grundlage für die Entdeckung des Phänomens, dass sich Partikel selektiv mit einem molekularen «Klettband» transportieren lassen. «Dieses Prinzip könnte ganz praktische Anwendung finden, beispielsweise bei Förderbändern, Rolltreppen oder Strassen im Nanomassstab», so Lim. Möglicherweise könnte dadurch auch die Lab-on-Chip-Technologie, das Labor auf einem Chip, weiter miniaturisiert werden, da mit der neuartigen Transportmethode die heutigen gängigen komplizierten Pumpen- und Ventilsysteme überflüssig werden.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.unibas.ch/index.cfm?uuid=CCE054F0039BC3633ACC0D57A63A8D5B&type=search&show_long=1

Quelle: Universität Basel (06/2014)


Publikation:
Kai D. Schleicher, Simon L. Dettmer, Larisa E. Kapinos, Stefan Pagliara, Ulrich F. Keyser, Sylvia Jeney and Roderick Y.H. Lim
Selective Transport Control on Molecular Velcro made from Intrinsically Disordered Proteins
Nature Nanotechnology; published online 15 June 2014 | doi: 10.1038/nnano.2014.103

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