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Mittwoch, den 18. Juni 2014 um 06:43 Uhr

Auf dem Weg zur Kohlenstoff-Elektronik?

Als heißer Kandidat für eine neue siliziumfreie Elektronik wird seit seiner Entdeckung Graphen gehandelt, eine zweidimensionale Kohlenstoffmodifikation. Allerdings ist Graphen kein Halbleiter. Ein internationales Forscherteam stellt in der Zeitschrift Angewandte Chemie jetzt ein Kohlenstoffnitrid, ein strukturelles Analogon aus Kohlenstoff und Stickstoff vor, das Halbleitereigenschaften zu bieten scheint.

Graphen ist mit seiner planaren sechseckigen Wabenstruktur mit frei beweglichen Elektronen im Prinzip nichts anderes als eine einzelne, atomar dünne Lage Graphit. Eine aus elektronischer Sicht sehr interessante Verbindung – allerdings fehlt ihm die typische elektronische Bandlücke, die es zu einem Halbleiter machen würde. Es handelt sich dabei um den energetischen Abstand zwischen Valenzband und Leitungsband der Elektronen, der aber nicht zu groß sein darf, damit Elektronen bei Anregung leicht aus dem Valenz- ins Leitungsband gelangen können. Mit verschiedenen Methoden wurde bereits versucht, Graphen eine solche Bandlücke zu verschaffen. Eine alternative Idee war ein „graphitisches Kohlenstoffnitrid“, ein Material aus Kohlenstoff und Stickstoff, das in seinen Eigenschaften dem Graphen sehr ähnlich sein sollte. Dem Team von der University of Liverpool (UK), der Universität Ulm, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Universität Aalto (Finnland), dem University College London sowie dem Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam ist nun erstmals die Herstellung eines solchen Materials geglückt.

Transmissionselektronen- und Rasterkraftmikroskopie sowie röntgenkristallographische Untersuchungen belegen, dass es sich bei den erhaltenen dünnen kristallinen Filmen um ein triazinbasiertes graphitisches Kohlenstoffnitrid (TGCN) handelt. Triazine sind Sechsringe aus drei Kohlenstoff- und drei Stickstoffatomen. Das neue Material besteht aus Triazin-Ringen, von denen jeweils drei über ein zusätzliches Stickstoffatom zu einer zweidimensionalen Schicht verknüpft sind. Das Team um Andrew I. Cooper und Michael J. Bojdys nimmt an, dass diese Schichten nicht vollkommen planar, sondern leicht gewellt sind.

TGCN ähnelt in seiner Struktur damit dem Graphit, erwies sich dabei aber – wie erhofft – als ein Halbleiter. Die hergestellten Filme bestanden aus drei bis zu mehreren hundert Atomlagen und zeigten eine Bandlücke zwischen 1,6 und 2,0 eV. Bei der Herstellung scheiden sie sich bevorzugt auf Substraten ab, sodass sich die Möglichkeit einer Kristallisation von TGCN auf der Oberfläche eines isolierenden Quarzes und damit interessante Perspektiven für praktische Anwendungen eröffnen. Vielleicht ist dies ein Schritt auf dem Weg zu einer Post-Silizium-Ära in der Elektronik.


Den Artikel finden Sie unter:

http://idw-online.de/de/news590473

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e. V. / Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (06/2014)
Bild (c) Wiley-VCH


Angewandte Chemie: Presseinfo 20/2014
Autor: Andrew I. Cooper, University of Liverpool (UK), http://www.liv.ac.uk/cooper-group/people/
Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201402191

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