Ein Team von Wissenschaftlern aus Österreich und Frankreich hat einen neuen abiotischen Weg zur Bildung von Peptidketten aus Aminosäuren – ein wichtiger chemischer Schritt in der Entstehung von Leben – entdeckt. Die aktuelle Studie liefert einen starken Hinweis, dass dieser entscheidende Schritt für das Entstehen von Leben tatsächlich auch unter den sehr unwirtlichen Bedingungen im Weltraum stattfinden kann.
Der Ursprung des Lebens ist eine der großen Fragen der Menschheit. Eine
der Voraussetzungen für die Entstehung von Leben ist die abiotische –
nicht durch Lebewesen bewirkte, chemische – Erzeugung und Polymerisation
von Aminosäuren, den Bausteinen des Lebens. „Zwei Szenarien werden für
die Entstehung von Leben auf der Erde diskutiert: Einerseits die
erstmalige Erzeugung solcher Aminosäureketten auf der Erde und
andererseits der Eintrag aus dem Weltall“, erklärt Tilmann Märk von der
Universität Innsbruck. „Für letzteres müssten solche Aminosäureketten
unter den dafür sehr ungünstigen und unwirtlichen Bedingungen im
Weltraum entstehen.“
Ein Forscherteam um Michel Farizon von der
Universität Lyon und Tilmann Märk von der Universität Innsbruck hat nun
eine bedeutende Entdeckung auf dem Gebiet der abiotischen
Peptidkettenbildung aus Aminosäuren gemacht, und zwar für die kleinste
vorkommende Aminosäure, das Glycin, ein Molekül, das in den vergangenen
Jahren bereits mehrfach extraterrestrisch beobachtet wurde. Eine
kürzlich im Journal of Physical Chemistry A veröffentlichte Studie, die
es auch auf die Titelseite der Zeitschrift schaffte, zeigt, dass kleine
Cluster von Glyzinmolekülen bei Energieeintrag Polymerisation zeigen. Es
kommt zu einer Reaktion innerhalb eines Clusters bestehend aus zwei
Glyzinmolekülen. Aus den zwei Aminosäuren werden ein Dipeptid und ein
Wassermolekül. Auch die Reaktion eines Dipeptids zu einem Tripeptid
innerhalb eines Clusters wurde von den ForscherInnen nachgewiesen.
„Unsere
Studie wirft Licht auf das bisher weniger beachtete unimolekulare
Szenario der Bildung solcher Aminosäureketten unter den extremen
Bedingungen des Weltraums“, sagt Michel Farizon. „Wir konnten zeigen,
dass das Wachstum von Peptidketten durch unimolekulare Reaktionen in
angeregten Cluster-Ionen erfolgt, ohne dass ein Kontakt mit einem
zusätzlichen Partner wie Staub oder Eis erforderlich ist.“
Die
aktuelle Arbeit liefert den Nachweis, dass der erste Schritt zur
Entstehung von Leben unter den sehr unwahrscheinlichen Bedingungen des
Weltraums stattfinden kann. „Die Studie ist ein wichtiger Meilenstein
auf dem Weg zum Verständnis der Ursprünge des Lebens. Die Ergebnisse
werden als Grundlage für weitere Forschungen auf diesem Gebiet dienen“,
sind Michel Farizon und Tilmann Märk überzeugt.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2023/fup_23_023-sommertrockenheiten-baumring-daten/index.html
Quelle: Universität Innsbruck (02/2023)
Publikation:
Glycine Peptide Chain Formation in the Gas Phase via Unimolecular Reactions. Denis Comte, Léo Lavy, Paul Bertier, Florent Calvo, Isabelle Daniel, Bernadette Farizon, Michel Farizon, and Tilmann D. Märk. J. Phys. Chem. A 2023, 127, 775−780 DOI: https://doi.org/10.1021/acs.jpca.2c08248
Dienstag, den 14. Februar 2023 um 04:22 Uhr