Mittwoch, den 24. April 2024 um 04:49 Uhr

Welche Geschichte erzählt ein Stein? Neues metallfreies Reinraumlabor der TU Freiberg ermöglicht hochpräzise Datierung

Das neue Reinraumlabor der TU Bergakademie Freiberg hat eine Besonderheit: Es ist metallfrei. Das bedeutet, dass Einrichtung und Geräte vollständig aus nicht-metallischem Material bestehen, notwendige Metallteile sind in Kunststoff gehüllt. Wäre nämlich offenes Metall im Raum, würden die hochsensiblen Analysen zur Datierung von Gestein verfälscht. Als erstes zieht Geochemikerin Prof. Marion Tichomirowa in das Labor ein. Mit der sogenannten Uran-Blei-Datierung kann sie im metallfreien Reinraum das geologische Alter von Gesteinen sehr präzise bestimmen. Damit spürt sie den Geschichten der Steine nach und klärt beispielsweise, wann genau bestimmte Gebirge und ihre Erzkörper entstanden sind.

„Das Freiberger Isotopenlabor führt als einziges Labor in Deutschland die hochpräzise Datierung von Gesteinen durch. Im Vergleich zu anderen Datierungsmethoden können wir mit dieser Methode zehnmal genauer das Alter von Gesteinen bestimmen“, erklärt Professorin Tichomirowa. Das macht die Uran-Blei-Datierung zur derzeit präzisesten „geologischen Uhr“, die der Forschung zur Verfügung steht.

Metallfreier Reinraum sorgt für weniger Blei und präzisere Analysen

Das neue Reinraumlabor im Clemens-Winkler-Bau ist eines von wenigen metallfreien Laboren weltweit. Da alle Metalle Blei enthalten, kann es bei der Datierungsmethode durch „Blei-Schmutz“ selbst in einem nicht-metallfreien Reinraumlabor zu Verfälschungen kommen: „Die Mengen des durch radioaktiven Zerfall produzierten Bleis im untersuchten Mineral Zirkon sind extrem gering; sie liegen bei ungefähr 50 Pikogramm, das sind 0,00000000005 Gramm. Die Menge an Blei, die im Labor während der analytischen Schritte dazu kommt sollte darum, noch einmal mindestens 50- bis 100-mal kleiner sein. Nur im metallfreien Reinraum ist es möglich, so geringe „Blindwerte“ für Blei zu erreichen.“

Wichtige Rückschlüsse für die Erdgeschichte

Forschende greifen auf die Uran-Blei-Datierung zurück, wenn es beispielweise darum geht, die genaue Abfolge verschiedener geologischer Ereignisse die zeitnah hintereinander erfolgten zu bestimmen. „Nehmen wir das Aussterben der Dinosaurier: Es war lange umstritten, ob ein Meteoriteneinschlag vor zirka 66 Millionen Jahren oder die starke vulkanische Aktivität zum Aussterben der Dinosaurier geführt hat. Mit der hochpräzisen Datierungsmethode konnte gezeigt werden, dass beide Ereignisse zum Aussterben beigetragen haben“, sagt Prof. Marion Tichomirowa.

Die Uran-Blei-Datierung aus dem Freiberger Isotopenlabor lieferte hinsichtlich der Erzbildung im Erzgebirge schon jetzt neue Erkenntnisse. „Wir konnten zeigen, dass die benachbarten großen Granitkörper des Westerzgebirges nicht wie vermutet gleichalt sind. Hingegen bildeten sich zuerst die Granite von Aue-Schwarzenberg (vor rund 323 – 321 Millionen Jahren), worauf zirka zwei Millionen Jahre später (vor 321 bis 319 Millionen Jahren) der Kirchberger Granit intrudierte. Noch einmal gut fünf Millionen Jahre später (vor 316 bis 314 Millionen Jahren) erstarrte dann das Magma des Eibenstocker Granits.“

Im neuen Labor können die Forschenden nun auch kleinere und jüngere Zirkone untersuchen und die Alter dieser Gesteine noch präziser bestimmen als bisher. Im Bereich der Geowissenschaften verfügt die TU Bergakademie Freiberg damit über einen einzigartigen Reinraum, der hochmoderne Forschung ermöglicht. Weltweit gibt es nur rund 10 bis 15 weitere metallfreie Reinraumlabore.


Den Artikel finden Sie unter:

https://tu-freiberg.de/news/deutschlands-einziges-metallfreies-geowissenschaftliches-reinraumlabor-der-tubaf-eroeffnet

Quelle: Technische Universität Bergakademie Freiberg (04/2024)


Publikation:
Tichomirowa et. al.: Dating multiply overprinted granites: The effect of protracted magmatism and fluid flow on dating systems (zircon U-Pb: SHRIMP/SIMS, LA-ICP-MS, CA-ID-TIMS; and Rb–Sr, Ar–Ar) – Granites from the Western Erzgebirge (Bohemian Massif, Germany). https://doi.org/10.1016/j.chemgeo.2019.04.024


Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.