In dem Vorhaben werden die von verschiedensten Verkehrsmitteln (Benzin-PKW, Diesel-PKW, Schiff, Flugzeug, Abrieb von Bremsen und Eisenbahnschienen etc.) direkt emittierten Verkehrsemissionen (sowohl Abgas- als auch Nicht-Abgasemissionen) und die ultrafeinen Partikel, die aus den Emissionen in der Atmosphäre durch photochemische Reaktionen im Sonnenlicht gebildet werden (so genannte sekundäre Partikel, PhotoSMOG), untersucht. Die nun an der Universität Rostock begonnene Messkampagne hat das Ziel, die Gesundheitsgefährdung durch Emissionen von Flugzeugturbinen und Schiffsmotoren im Detail zu bestimmen.
Die gemeinsamen Versuche des internationalen Projekt-Konsortiums mit dem Namen ULTRHAS (ULtrafine particles from TRansportation – Health Assessment of Sources) werden an möglichst realen Emissionsquellen durchgeführt. Im Verbundvorhaben arbeiten Forschende des Norwegischen Instituts für öffentliche Gesundheit (NIPH), der Universität Ostfinnland (UEF) und des Finnischen Instituts für Gesundheit und Wohlfahrt (THL), der Universität Fribourg (Schweiz), des Helmholtz Zentrum München, der Universität der Bundeswehr München sowie der Lehrstühle für Analytische Chemie und für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren der Universität Rostock zusammen. Neben den ULTRHAS-Partnern stoßen nun auch Forschende aus dem Weizmann Institut in Israel, der Universität Basel und dem Forschungszentrum Jülich zu den bisher einzigartigen Messungen in Rostock hinzu.
Auswirkungen frisch emittierter und gealterter Abgase auf die Lunge
Für die Rostocker Messkampagne kommen sowohl eine kerosinbetriebene Brennkammer eines Jet-Treibwerkes vom Institut für Aeronautical Engineering der Universität der Bundeswehr München als auch ein Schiffsmotorprüfstand des Lehrstuhls für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren der Universität Rostock zum Einsatz, in dessen Technikhalle die Rostocker Versuche auch durchgeführt werden. In einem speziellen Alterungsreaktor des finnischen Partners werden die Aerosole mit UV-Licht und Ozon atmosphärisch gealtert, um zu untersuchen, wie sich die Toxizität in der Umwelt mit der Zeit entwickelt. Dafür sind aus München ein mobiles biologisches Sicherheitslabor für toxikologische Untersuchungen sowie Messtechnik für die Aerosolchemie und -physik vor Ort. Zusätzliche, speziell entwickelte Messgeräte, wie beispielsweise ein neuartiges Einzelteilchenmassenspektrometer und hochauflösende Lasermassenspektrometer, erlauben ein vertieftes Verständnis der Zusammensetzung der Emissionen.Die gleichzeitige Untersuchung der physikalisch-chemischen Eigenschaften und der atmosphärischen Alterungsprozesse der Emissionen sowie die Erforschung ihrer biologischen und toxikologischen Effekte auf Lungenzellkulturen ermöglichen es, die Eigenschaften der Emissionen mit ihren gesundheitsgefährdenden Effekten in Beziehung zu setzen. In einzigartigen Expositionssystemen werden die Lungenzellkulturen dafür direkt an der Luft-Flüssigkeits-Grenzfläche beobachtet, wodurch die Situation in der Lunge nachgestellt wird. Die Auswirkungen der frisch emittierten und gealterten Emissionen auf die Lungenmodelle werden mit Hilfe fortschrittlicher bioanalytischer Verfahren und Methoden der Bioinformatik untersucht. So können Vorhersagen darüber getroffen werden, wie physikalische und chemische Emissionsmerkmale der unterschiedlichen Verkehrsemissionen die biologischen Wirkungen beeinflussen und gesundheitliche Auswirkungen hervorrufen. Das Gesamtziel des Projekts besteht darin, die Risikobewertung von Luftschadstoffen aus dem Verkehr zu verbessern, die relative Toxizität der Emissionen unterschiedlicher Verkehrsarten zu bestimmen und politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden über gezieltere Maßnahmen zur Eindämmung derjenigen Emissionskomponenten und -quellen zu beraten, die am stärksten zu nachteiligen Auswirkungen beitragen.
Erste Versuche, die das Konsortium bei dem finnischen Partner UEF durchgeführt hat, zeigten, dass die atmosphärische Alterung durch das Sonnenlicht die Toxizität selbst von Emissionen aus Automobilen, die mit neuester Abgasreinigungstechnologie (EURO 6) ausgestattet sind, deutlich erhöht. Dieses überraschende Ergebnis stellt die Sinnhaftigkeit bisheriger Grenzwertregelungen in Frage. Die Partner des Forschungsvorhabens ULTRHAS wollen nun beantworten, ob ähnliche Effekte auch für die als kritisch bekannten Schiffs- und Flugzeugemissionen beobachtet werden können.
Den Artikel finden Sie unter:
https://www.uni-rostock.de/universitaet/kommunikation-und-aktuelles/medieninformationen/detailansicht/n/wie-toxisch-sind-emissionen-aus-flugzeugtriebwerken-und-schiffsmotoren-messkampagne-an-der-universitaet-rostock/
Quelle: Universität Rostock (12/2022)