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Mittwoch, den 08. November 2017 um 10:00 Uhr

Das Proteom aktiver Nervenzellen

Das Gehirn besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher Typen von Nerven- und Gliazellen. Da sie alle das gleiche Erbgut besitzen, muss diese Vielfalt auf den von ihnen gebildeten Proteinen beruhen. Für einen bestimmten Zelltyp konnte die Gesamtheit der Proteine – das sogenannte Proteom –bislang nicht bestimmt werden. Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Hirnforschung und für Biophysik in Frankfurt haben nun neue Methoden entwickelt, mit denen sie Änderungen im Proteom in einem bestimmten Zelltyp erkennen können. Sie veröffentlichen diese Ergebnisse und deren Bedeutung in der Zeitschrift Nature Biotechnology.

Aufbauend auf Techniken, die in den Laboratorien von Erin Schuman, David Tirrell (Caltech) und Daniela Dieterich (Universität Magdeburg) entwickelt wurden, haben Beatriz Alvarez Castelao und ihre Kollegen jetzt die Vorteile eines neuen Kennzeichnungssystems genutzt. Dabei werden Proteine während der Synthese mit einer modifizierten Aminosäure markiert, die unter normalen Bedingungen in diesen Zellen nicht vorhanden ist. Um ausschließlich Proteine in einem bestimmten Zelltyp zu kennzeichnen, verwendete das Forschungsteam ein mutiertes Methionyl-tRNA-Synthetase-Gen (MetRS), das genau für dieses Protein kodiert. Im nächsten Schritt erstellten sie dann eine Mauslinie, in der das MetRS in spezifischen Zelltypen exprimiert werden konnte. Wenn die nicht-natürliche Aminosäure über das Trinkwasser an die MetRS Mäuse verabreicht wird, werden nur Proteine in Zellen markiert, die das MetRS-Gen produzieren.

Die markierten Proteine können mithilfe von Antikörpern sichtbar gemacht und mittels Massenspektrometrie analysiert werden. Alvarez Castelao: „Wir verwendeten die Technik, um zwei verschiedene Arten von Gehirnproteinen zu identifizieren: die Proteine in erregenden Neuronen des Hippocampus - eine Hirnstruktur, die für Navigation, Lernen und Gedächtnis besonders wichtig ist - sowie hemmende Neurone im Kleinhirn - eine Struktur, die essentiell für motorisches Verhalten ist."

Ein besonderes Merkmal dieser Technologie ist die direkte Erfassung von Veränderungen der Proteinzusammensetzung in Abhängigkeit von der Umgebung. Mäuse, die in einer sensorisch angereicherten Umgebung mit einem Labyrinth, mit einem Laufrad und mit verschiedenen Arten von Spielzeug erzogen wurden, zeigten signifikante Veränderungen im Proteom des Hippocampus, insbesondere bei Proteinen in der Umgebung von Synapsen. Schuman: „Indem wir dieses Mausmodell mit anderen krankheitsbestimmten Mausmodellen verknüpfen, können wir mit unserer Methode die Proteine in bestimmten Zelltypen identifizieren. So können wir dann auch beobachten, wie sich das Proteom während der Entwicklung, beim Lernen und speichern von Informationen sowie bei Krankheiten entwickelt.“


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.mpg.de/11704052/proteom-nervenzellen-echtzeit

Quelle: Max-Planck-Institut für Hirnforschung (11/2017)


Publikation:
Alvarez-Castelao, B., Schanzenbächer, C.T., Hanus,C., Glock, C., tom Dieck, S., Dörrbaum, A.R., Bartnik, I., Nassim-Assir, B., Ciirdaeva, E., Mueller, A., Dieterich, D., Tirrell, D.A., Langer, J.D. and Schuman, E.M. (2017). Cell-type-specific metabolic labeling of nascent proteomes in vivo Nature Biotechnology advanced online publication.

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