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Freitag, den 20. Dezember 2019 um 04:53 Uhr

Mainzer Wissenschaftler entwickeln nachhaltigere Photochemie

Häufige Basismetalle statt teurer Edelmetalle / Chrom in Designerumgebung besitzt außergewöhnlich hohe Lebensdauer des elektronisch angeregten Zustands und ermöglicht nachhaltige Anwendungen in der Photokatalyse

Eine nachhaltige Chemie basiert unter anderem auf der Verwendung von regenerativen Energiequellen sowie nachwachsenden Rohstoffen und häufig vorkommenden Elementen. Bislang werden jedoch für viele Anwendungen teure Edelmetalle oder Metalle der Seltenen Erden eingesetzt, deren Gewinnung mit Umweltproblemen behaftet ist. Einem internationalen Forscherteam um Prof. Dr. Katja Heinze von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist nun ein Durchbruch bei der Nutzung von Chrom gelungen – einem häufig vorkommenden Basismetall, das die Gruppe von Heinze seit Längerem erforscht. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass sich Chrom-Verbindungen dazu eignen, teure Edelmetalle in der Photokatalyse zu ersetzen und damit auch teilweise umweltschädliche Prozesse zu verringern. Die Photokatalyse wird heute zum Beispiel bei der Synthese von Wirkstoffen und Feinchemikalien genutzt.

Chrom-Verbindungen als vielversprechende Alternative

In photochemischen und photophysikalischen Anwendungen wie beispielsweise phosphoreszierenden organischen Leuchtdioden, farbstoffsensibilisierten Solarzellen und lichtgetriebenen chemischen Reaktionen werden zumeist Edelmetalle wie Gold, Platin, Ruthenium, Iridium oder Seltene Erden eingesetzt. Allerdings sind Edelmetalle aufgrund ihres geringen Vorkommens teuer, die Seltenen Erden hingegen werden nur in wenigen Ländern, vor allem in China, abgebaut. Darüber hinaus ist die Gewinnung oft mit einem hohen Verbrauch von Wasser, Energie und Chemikalien verbunden. Teilweise kommen auch toxische Stoffe wie Cyanide oder Quecksilber zum Einsatz, etwa bei der Goldgewinnung.

Das Metall Chrom – die Bezeichnung geht auf das altgriechische Wort für Farbe zurück – kommt dagegen in der Erdkruste 10.000 Mal häufiger als Platin und 100.000 Mal häufiger als Iridium vor und steht damit in ausreichender Menge zur Verfügung. „Leider sind die photophysikalischen Eigenschaften, insbesondere die Lebensdauer der elektronisch angeregten Zustände von häufigen Metallen wie Chrom oder Eisen meist viel zu kurz, um in den genannten Technologiefeldern nützlich zu sein“, erläutert Katja Heinze vom Department Chemie der JGU. Fortschritte gab es erst in den letzten Jahren – unter anderem auch in der Arbeitsgruppe von Heinze. Hier wurden die „molekularen Rubine“ entwickelt: lösliche molekulare Verbindungen, die außergewöhnlich gute Leuchteigenschaften, also Lumineszenz-Quantenausbeuten, aufweisen. Molekulare Rubine finden bereits jetzt erste Anwendungen, beispielsweise als molekulare Thermometer und als Drucksensoren.

Konzept aus der Quantenchemie bewirkt lange Lebensdauer

Das internationale Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Mainz, Berlin, Kaiserslautern, Tübingen und Montreal hat nun einen weiteren Durchbruch erzielt. Alle typischen Zerfallskanäle des elektronisch angeregten Zustands eines molekularen Rubins wurden so effizient blockiert, dass der angeregte Zustand außergewöhnlich lange bestehen bleibt. So erhöht sich die Lebensdauer des elektronisch angeregten Zustands dieses molekularen Designerrubins bei Raumtemperatur in flüssiger Lösung auf einen Rekordwert von 4,5 Millisekunden. „Unser Konzept basiert auf der sogenannten Laporte-Regel, die schon von Otto Laporte, einem 1902 in Mainz geborenen Physiker, entwickelt wurde“, erklärt Steffen Treiling, der diese Arbeiten im Rahmen seiner Masterarbeit bei Katja Heinze durchgeführt hat. Einfach ausgedrückt, wirkt sich die hohe molekulare Symmetrie dieses Designerrubins positiv auf die Lebensdauer des angeregten Zustands aus. „Wenn man die Lebensdauer angeregter elektronischer Zustände beispielsweise mit denen von typischen Eisenverbindungen vergleicht, dann erzielen wir hier eine Steigerung um etwa zehn bis zwölf Größenordnungen“, fügt Prof. Dr. Christian Reber von der Universität Montreal in Kanada hinzu.

Die Lumineszenz-Quantenausbeute dieses molekularen Rubins beträgt trotz der sehr langen Lebensdauer bis zu 8,2 Prozent, sodass auch Anwendungen in der Display- und Sensortechnik damit möglich sein sollten. Das Forscherteam zeigte darüber hinaus, dass die Chrom-Verbindung klassischen Edelmetallkomplexen auch in der Photokatalyse ähnelt. Damit können in Zukunft neue lichtgetriebene Reaktionen mithilfe des häufigen Metalls Chrom statt der seltenen, teuren, aber immer noch am häufigsten eingesetzten Ruthenium- und Iridium-Verbindungen entwickelt werden. „Das werden wir zusammen mit unseren Partnern an der Bundesanstalt für Materialforschung in Berlin, an der TU Kaiserslautern, an der Universität Tübingen und an der Universität Montreal in Zukunft weiter vorantreiben und so versuchen, einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Chemie zu leisten“, freut sich Katja Heinze.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/10621_DEU_HTML.php

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz (12/2019)

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