Donnerstag, den 16. März 2017 um 09:18 Uhr

Wie Photonen die Chemie verändern

Üblicherweise spielt die Quantennatur des Lichts eine untergeordnete Rolle, wenn es um die chemischen Eigenschaften von Atomen oder Molekülen geht. In einer im Journal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichten Arbeit zeigen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) am Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) in Hamburg jedoch, dass Photonen in gewissen Situationen starken Einfluss auf das chemische Verhalten haben können. Diese Ergebnisse lassen hoffen, dass in Zukunft chemische Reaktionen mittels Photonen kontrolliert werden können.

Die chemischen Eigenschaften von Atomen und Molekülen werden durch die elektromagnetische Wechselwirkung der negativ geladenen Elektronen und der positiv geladenen Kerne bestimmt. In den meisten Fällen spielt dabei die Quantennatur der Wechselwirkung keine große Rolle. Platziert man ein Molekül jedoch zwischen zwei stark reflektierende Spiegel, einer sogenannte optischen Kavität, dann kann die Quantennatur des elektromagnetischen Feldes wichtig werden. In solchen Situationen kann es dazu kommen, dass das Molekül mit einzelnen Photonen außergewöhnlich stark wechselwirkt und man nicht länger eindeutig zwischen Molekül und Photonen unterscheiden kann. Solche neuartigen Zustände können beispielsweise eine höhere Leitfähigkeit besitzen als das freie Molekül.

In Experimenten konnten solche Situationen bereits beobachtet werden, aber die theoretische Vorhersage und Untersuchung der chemischen Eigenschaften solcher Zustände war bisher nur eingeschränkt möglich. Dies lag daran, dass die üblichen theoretischen Methoden der Quantenchemie den Einfluss der Photonen vernachlässigt haben. Die Theorie-Abteilung des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie am CFEL hat einige dieser Methoden erweitert, um die Wechselwirkung mit Photonen explizit zu berücksichtigen. Unter anderem konnten die Wissenschaftler unter der Führung von Prof. Angel Rubio zeigen, wie starke Kopplung an Photonen in einer optischen Kavität chemische Eigenschaften eines Moleküls, wie dessen Bindungslänge oder Absorption, ändern kann. „Besonders interessant ist auch“, meint Johannes Flick, Hauptautor der Arbeit, „die Änderung der Born-Oppenheimer-Flächen, die benutzt werden, um chemische Reaktionen zu charakterisieren. Dabei konnten wir feststellen, dass die starke Materie-Photon-Wechselwirkung neue Reaktionswege eröffnet.“ Gleichzeitig untersuchten die Forscher, ob die Kopplung an die Photonen übliche Reaktionen effizienter ablaufen lassen könnte. Dazu betrachteten sie ein vereinfachtes Modell für den Transfer von Ladung zwischen zwei Quantensystemen. Solche Ladungstransfer-Reaktionen werden üblicherweise mittels eines Lasers gesteuert. Im Fall der aktuellen Arbeit konnten die Wissenschaftler feststellen, dass man mittels einzelner Photonen in einer optischen Kavität die notwendige Intensität des Lasers reduzieren kann. „Unsere theoretischen Ergebnisse helfen nicht nur das Verhalten von Atomen und Molekülen im Fall starker Photon-Materie-Wechselwirkung in einer optischen Kavität besser zu verstehen,“ so Johannes Flick weiter, “sondern unterstreichen auch die Möglichkeit chemische Eigenschaften mittels Photonen gezielt zu beeinflussen.“

Die Forscher wollen als nächsten Schritt komplexere Moleküle mit ihren entwickelten theoretischen Methoden untersuchen. Ihr Ziel ist dabei zu demonstrieren, dass sich ihre Ergebnisse verallgemeinern lassen und man die Chemie von verschiedensten Stoffen durch den Einsatz starker Photon-Materie-Wechselwirkung verändern kann.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.mpsd.mpg.de/391004/20170315-flick-pnas-rubio

Quelle: Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (03/2017)


Publikation:
https://dx.doi.org/10.1073/pnas.1615509114

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